Wattenrat

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- Tricksereien ohne Ende?!-
EU- Vogelschutzrichtlinie, Meldung von Schutzgebieten in Niedersachsen

Pressemitteilung  17. Mai 2006  Nr. 05/2006

Umwelt/Naturschutz/EU-Vogelschutzrichtlinie/Nachmeldung von Gebieten

Der Wattenrat Ostfriesland befürchtet weitere Trickserein des Landes Niedersachsen bei der Meldung von EU-Vogelschutzgebieten. Die EU-Kommmission hatte zuletzt am 10. April in einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme" gegenüber der Bundesrepublik Deutschland beanstandet, dass insbesondere Niedersachsen deutlich zu wenig Schutzgebiete ausgewiesen habe und dass gerade an der Küste die bisher gemeldeten fachlichen Vogeldaten unzureichend seien. Der Wattenrat hatte bereits mehrfach die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission in Brüssel darüber informiert, dass in Niedersachsen wertvolle Vogelgebiete bewusst mit unzureichenden Daten versehen wurden, um die ausreichende Meldung von Schutzgebieten zu umgehen, so z.B. im "Wybelsumer Polder" bei Emden oder im Bereich Norden-Esens binnendeichs am Nationalpark Wattenmeer. Diese Trickserei, so der Wattenrat, habe die Kommission inzwischen durchschaut und entsprechende Nachmeldungen angemahnt. Diese muss bis zum 10. Juni zufriedenstellend erfolgt sein, wenn Niedersachsen nicht Strafgelder riskieren will.

Nach dem Wattenrat vorliegenden Informationen arbeite das Land inzwischen mit Hochdruck an den Gebietsmeldungen der von der EU beanstandeten Flächen, daran soll im Wesentlichen auch das Wirtschaftsministerium beteiligt sein. Um wirtschaftliche Vorhaben wie den Jade-Weser-Port, Windkraftstandorte für das Repowering mit größeren Anlagen, neue Umgehungsstrassen und Golfplätze bei Esens und eine geplante Gasseparieranalage bei Dornum für Statoil überhaupt genehmigungsfähig zu machen, müssten zunächst erst Vogelschutzgebiete an die EU gemeldet werden. Erst dann können diese Vorhaben unter Vorbehalt und mit entsprechenden Auflagen realisisiert werden. Der Wattenrat befürchtet, dass es dem Land Niedersachsen weniger um den Vogelschutz geht, als darum, diese Landschaftsräume für Industriealisierung vorzubereiten. Die Meldung von Vogelschutzgebieten diene hier als Türöffner.

Die Erfahrung zeige, so der Wattenrat, dass mit der Realisierung beauftragte Planungsbüros ihren Auftraggebern so entgegenarbeiteten, dass die erforderlichen Umweltverträglichkeitsgutachten zu den Bauvorhaben im Sinne der Betreiber und Auftraggeber EU-konform schön geschrieben würden. Unter dem Strich gäbe es so nur auf dem Papier ausreichend gemeldete Vogelschutzgebiete. In Wirklichkeit würde der Schutzzweck dieser Gebiete jedoch durch die Realisierung dieser Vorhaben z.T. erheblich beeinträchtigt.

Vor allem Planungsalternativen, die die EU-Vogelschutzrichtlinie zum Schutz der Flächen vorsehe, würden durch die Planungsbüros in der Regel nicht ausreichend berücksichtigt. Als krasses Beispiel nannte der Wattenrat den Windkraftstandort "Wybelsumer Polder" am Dollart bei Emden, der in einem "faktischen Vogelschutzgebiet" errichtet wurde und jetzt, wo der Windpark in Betrieb ist, von der EU-Kommission zur Nachmeldung als Vogelschutzgebiet angemahnt wurde.

Datenmanipulation im Naturschutz, so der Wattenrat, habe in Niedersachsen bereits Tradition. Schon die damalige Umweltministerin Monika Griefahn wies mit einem Erlass schon 1994 das inzwischen aufgelöste "Niedersächsische Landesamt für Ökologie" an, deren Fachkarten von Vogellebensräumen an der Küste so abzuändern, dass mehr Platz für Windkraftstandorte in empfindlichen Lebensräumen entstehen konnten, sie untersagte die Weitergabe der Fachkarte an Dritte. Fachlich völlig verfehlt stellte sie die Belange der Windkraftnutzung den Belangen des Landschaftschutzes vorrangig gegenüber. Das sei die eigentliche Ursache für den Zubau der ostfriesischen Küste mit Windkraftanlagen im Hau-Ruck-Verfahren gewesen, so der Wattenrat. Die Küste sehe heute so aus, weil ständig fachliche Daten im Sinne von Betreibern manipuliert worden seien.

 
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