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Ost-Friesland

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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 92 (August 2007)

Bundeswehr: keine Windkraftanlagen an Militärflugplätzen

Betreiberlobby zieht die Fäden für mehr Stellplätze

Ca. 20.000 Windkraftanlagen drehen sich schon in Deutschland, wenn der Wind weht. Aber langsam wird es eng für die Hersteller und Betreiber, die Rechtssprechung mit Abstandregelungen und Naturschutzauflagen setzt deutliche Grenzen. Nun kommt auch noch die Bundeswehr und droht das lukrative Geschäft zu vermasseln: Eine neue Radartechnik auf Miltärflughäfen kann durch die Riesenpropeller beeinträchtigt werden und zu Luftsicherheitsproblemen führen, deshalb sollen Windkraftanlagen dort nicht mehr genehmigt werden.

Das schreckte einige nimmersatte Windbarone in Ostfriesland so auf, dass die Decke der Intransparenz plötzlich gelüftet wurde und sichtbar wurde, in welcher atemberaubenden Geschwindigkeit das Netzwerk aus Herstellern, Betreibern, Politik und Verwaltung tätig werden kann: für die Betreiber, selbstverständlich. Innerhalb weniger Tage wurden Investitionshemmnisse bis hin zum Verteidigungsminister zwecks Klärung zur Lösung vorgetragen. Manch ein Betroffener, der sich gegen Windkraftanlagen jahrelang kostenintensiv gegen Lärm und Schattenwurf wehren musste, muss sich da verhöhnt vorkommen, da gab es keine politische Hilfe. Für wen machen unsere "Volksvertreter" eigentlich ihre Politik?

Windpark

WKA, Windpark Westerholt/LK Wittmund

Wir zitieren aus dem Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, 27.08.2007 S. 1:

Dinkla: "Konflikt schnell politisch und technologisch lösen"

"Koexistenz von Windkraft und Flugsicherung möglich"

OSTFRIESLAND/HPH Nach Auffassung des stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden im Niedersächsischen Landtag, MdL Hermann Dinkla (Westerholt), muss der jetzige Konflikt zwischen der politisch gewollten Zielsetzung des weiteren Ausbaus der Windenergie und der angestrebten Repowering-Konzeption für bestehende Windparks und Einzelanlagen sowie der unverzichtbaren Sicherstellung des Luftverkehrskontrolldienstes im militärischen Bereich baldmöglichst "politisch und technologisch" gelöst werden. Dinkla verwies am Wochenende in dem Zusammenhang darauf, dass bereits seit Ende Juli über seinen Parteikollegen Hans-Werner Kammer (MdB) direkte Kontakte zum Bundesverteidigungsministerium und Staatssekretär Thomas Kossendey in dieser Angelegenheit bestünden. "Nach meinem Kenntnisstand ist bereits vor einiger Zeit ein Gesprächstermin mit der Geschäftsführung der Norderland-Gruppe im Verteidigungsministerium vereinbart worden", so Dinkla. Am 5. September besuche Verteidigungsminister Franz-Josef Jung die Nordwest-Region, und Hans-Werner Kammer werde die Gelegenheit nutzen, den Minister auf die besondere Problematik und die Auswirkungen hinzuweisen. Der Landesregierung, so Hermann Dinkla, sei das Problem längst bekannt, und er habe vor einigen Wochen die Gelegenheit genutzt, Ministerpräsident Christian Wulff das Problem vorzutragen.

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, 25.08.2007:

Staatssekretär soll helfen

Harlingerland/mh - In dem Konflikt zwischen der Bundeswehr und Windkraftbetreibern (wir berichteten) soll jetzt der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey, eingeschaltet werden. SPD-Landtagskandidat Holger Heymann und der Wittmunder Kreistags-Fraktionsvoritzende Heinz Buss stellten den Kontakt über die Bundestagsabgeordnete Karin Evers-Meyer her. "Ich bin zuversichtlich, dass wir kurzfristig eine Lösung im Sinne aller Beteiligten finden. Die Sicherung von Arbeitsplätzen hat in dieser Region oberste Priorität", so Evers-Meyer.

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, 23.08.2007:

Bundeswehr stellt sich quer

Wegen neuer Radartechnik keine Genehmigungen mehr für Windkraftanlagen

Harlingerland/mh - Windkraftanlagen in der Nähe von Militärflughäfen waren der Bundeswehr schon immer ein Dorn im Auge. Doch nun nimmt der Konflikt dramatische Formen an. Weil die Radar-Flugsicherung von der bisherigen analogen auf digitale Technologie umgestellt wird, sollen neue oder erneuerte Windkraftanlagen überhaupt nicht mehr genehmigt werden. Allein im Bereich Wittmund-Aurich liegt somit ein Investitionsvolumen von rund 750 Millionen Euro brach.

Bis gestern hoffte der Landkreis Wittmund als Genehmigungsbehörde auf eine Lösung. Doch gegen Mittag flatterte Landrat Henning Schultz ein Schreiben auf den Tisch, das diese Hoffnung zunichte macht. Ausgangspunkt des Streits ist das Vorhaben des Unternehmens "Norderland" in Westerholt, seinen Windpark in Utarp um weitere acht Anlagen zu ergänzen. Im Genehmigungsverfahren ließ die Bundeswehr erstmals verlauten, dass sie dem Bau nicht zustimmen wird. Sie begründet dies unter anderem damit, dass die radartechnische Erfassung von Kleinflugzeugen innerhalb eines Schutzbereiches von 35 Kilometern durch die Windkraftanlagen stark erschwert sei. Im Zuge der Umrüstung auf die digitale Technik betreffe dies auch den Geschwader-Flughafen in Wittmund. Weil in der Region schon viele Windkraftanlagen und -parks stünden, werde man weitere Anlagen oder eine Aufrüstung ("Repowering") nicht akzeptieren.

Der Landkreis hat in den vergangenen Monaten gemeinsam mit "Norderland" in zahlreichen Gesprächen mit der Bundeswehr nach einem Kompromiss gesucht Dieser schien auch in Sicht. Unter anderem erklärte sich die Firma Enercon (Aurich) bereit, eine reflexionsdämpfende Technik für die Rotorblätter zu entwickeln, was jedoch einige Jahre dauern wird. Dennoch genehmigte der Landkreis die Anlagen in Utarp. Die Wehrbereichsverwaltung Nord legte daraufhin Widerspruch ein. "Norderland" stellte im Gegenzug einen Antrag auf sofortige Vollziehung, dem der Landkreis statt gab. Das Unternehmen begann mit dem Bau. Daraufhin blieb es lange ruhig. Gestern nun teilte die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr -Luftbehörde- dem Landkreis mit, dass sie gegen die Baugenehmigung vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg klagen wird.

Landrat Henning Schultz: "Der Vorgang nimmt jetzt eine dramatische Entwicklung mit bundesweiter Bedeutung an." Landrat und Erster Kreisrat Matthias Köring betonten, dass es in diesem Fall nicht um einen Konflikt mit dem hiesigen Geschwader gehe. "Wir sind froh, dass wir hier den Standort haben, wir fühlen uns der Bundeswehr verbunden." Vielmehr gehe es um ein technisches Problem. "Norderland"-Geschäftsführer Johann Eisenhauer ist das Verhalten der Landesbehörde unverständlich: "Der Hersteller der Bundeswehr-Radargeräte hat uns schriftlich versichert, dass die Geräte jedem Standort angepasst werden können."

 
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